Antrag beim Jugendamt – kompliziert ergänzt
Form der Antragstellung
Das Gesetz sieht für Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe keine förmliche Antragstellung auf Hilfe vor. Bei Kenntnis von Hilfebedarf besteht vielmehr die Verpflichtung der Fachkräfte, Hilfe anzubieten und ggf. auch werbend auf die Inanspruchnahme von Hilfe hinzuwirken. Deshalb ist aus rechtlicher Perspektive vor allem wichtig, dem Jugendamt den Hilfebedarf zur Kenntnis zu geben. Diese Mitteilung kann mündlich und schriftlich geschehen. Meist ist dennoch ein kurzer Brief sinnvoll. Hierdurch wird z.B. nachweisbar, wann für das Jugendamt die Frist zum Handeln begann. In dem Brief sollten die eigenen Kontaktdaten stehen und in wenigen Sätzen, warum eine Hilfe vom Jugendamt gewünscht ist. Ausführliche Darstellungen sind nicht nötig. Hierfür reicht es, auf das Gespräch mit der zuständigen Fachkraft zu warten, in dem diese gemeinsam mit den Leistungsberechtigten über ihre Lebenslage reden wird.
Einige Jugendämter halten Formulare für Antragstellungen bereit, in der die Angabe verschiedener Daten bereits vorgesehen ist. So sollen Verwaltungsvorgänge vereinfacht und auf die Vollständigkeit der notwendigen Angaben hingewirkt werden. Sind solche Vordrucke vorhanden, sollen sie benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Eine Bearbeitung des „Antrags“ oder gar die Bewilligung von Hilfe darf aber vom Ausfüllen dieser Formulare nicht abhängig gemacht werden. Wurden ohne Verwendung der Vordrucke alle leistungserheblichen Tatsachen mitgeteilt, kann hieraus keine Ablehnung begründet werden.
Eine Vorlage für ein Antragsschreiben können Sie hier downloaden. Wenn Sie den Antrag persönlich beim Jugendamt abgeben, lassen Sie sich das bestätigen. Eine Vorlage dazu finden Sie hier.
Minderjährige Antragsteller:innen
Minderjährige können ab Vollendung des 15. Lebensjahrs (also nach ihrem 15. Geburtstag), selbst Anträge auf Sozialleistungen stellen, verfolgen und diese entgegennehmen (§ 36 SGB I). Obgleich sie also noch nicht voll geschäftsfähig sind, besteht damit eine echte, von der Vertretungsmacht der Eltern unabhängige Teilmündigkeit auf dem Gebiet des Sozialrechts.
Im Bereich der Individualleistungen des Jugendamtes „Hilfe zur Erziehung“ entfaltet diese Teilmündigkeit allerdings keine Wirkung, da Inhaber:innen des Anspruchs auf Hilfen zur Erziehung gem. § 27 Abs. 1 SGB VIII nicht die Minderjährigen, sondern ihre Personensorgeberechtigen sind. Minderjährige können sich aber an das Jugendamt wenden, das dann gemeinsam mit ihnen und den Personensorgeberechtigten eine Lösung suchen muss. Bleibt der Konflikt bestehen und weigern sich die Eltern mit dem Jugendamt zusammenzuarbeiten, können sowohl die dortigen Fachkräfte, aber auch die minderjährige Person einen Antrag beim Familiengericht auf (teilweisen) Entzug des Sorgerechts stellen, so dass der Antrag auf Hilfe zur Erziehung dann von einem Vormund:einer Vormundin oder Ergänzungspfleger:in gestellt wird. Jedes Kind und jede:r Jugendliche hat ferner ein Recht auf Inobhutnahme (§ 42 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VIII) als Krisenintervention. Die Aufnahme in einer Notunterkunft oder einer Kriseneinrichtung darf vom Jugendamt nicht abgelehnt werden.
Anders ist die Rechtslage hinsichtlich der „Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit (drohender) seelischer Behinderung“ (§ 35a Abs. 1 SGB VIII, sowie im Bereich der Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII) oder, wenn es um die Hilfe in einer gemeinsamen Wohnform für Mütter/Väter und Kinder (§ 19 SGB VIII) geht. Hier sind die Minderjährigen selbst Inhaber:innen des Rechtsanspruchs auf Hilfe und können entsprechende Anträge damit ab Vollendung des 15. Lebensjahres auch selbst beim Jugendamt stellen. Die Personensorgeberechtigten sind über die Antragsstellung zu informieren und können dann allerdings durch schriftliche Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde das Antragsrecht der Minderjährigen einschränken.
Entscheidung des Jugendamts
Die Entscheidung des Jugendamts über die Bewilligung oder Ablehnung einer Hilfe ist ein Verwaltungsakt. Dieser kann schriftlich, mündlich, elektronisch oder in einer anderen Form erlassen werden (§ 33 Abs. 2 S. 1 SGB X) und muss eine Begründung enthalten (§ 35 Abs. 1 SGB X). Das heißt, grundsätzlich ist es auch möglich, dass die Fachkraft des Jugendamtes am Schluss eines Gesprächs mitteilt, dass sie z.B. keinen Hilfebedarf erkennt und deshalb den Antrag ablehnt.
Allerdings besteht das Recht auf eine schriftliche Bestätigung eines solchen mündlich erklärten Verwaltungsakts, wenn der Betroffene diesen unverzüglich verlangt (§ 33 Abs. 2 S. 2 SGB X). Es ist z.B. leichter gegen die Entscheidung vorzugehen, wenn der Nachweis der Ablehnung vorliegt. Bei einer mündlichen Ablehnung macht es meistens Sinn eine schriftliche Ablehnung zu verlangen.
