Das Jugendamt – kompliziert ergänzt
Die Berliner Jugendämter
Berlin besteht aus 12 Bezirken. In jedem Bezirk gibt es ein Bezirksamt. Das Jugendamt ist ein Teil davon. Das Jugendamt ist eine für Kinder, Jugendliche, junge Volljährige (junge Menschen) und deren Familien zuständige sozialpädagogische Fachbehörde. Die rechtliche und somit verbindliche Arbeitsgrundlage der Jugendämter ist das achte Sozialgesetzbuch, SGB VIII – früher auch „Kinder- und Jugendhilfegesetz“ genannt. Leitziel ist, dass jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat.
Die Jugendhilfe soll zur Verwirklichung dieses Rechtes u.a.
- junge Menschen in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung fördern
- Eltern/Erziehungsberechtigte in der Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung beraten und unterstützen
- Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen (das staatliche Wächteramt)
- dazu beitragen, dass positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt erhalten oder geschaffen wird.
Die 12 Berliner Jugendämter sind unterschiedlich organisiert.
Der Regionale Sozialpädagogische Dienst (RSD)
Der Regionale Sozialpädagogische Dienst (RSD) ist in den Berliner Jugendämtern die zentrale Anlaufstelle für junge Menschen und Eltern, die bei familiären Krisen und Notlagen Rat und Unterstützung suchen. An den RSD können sich auch alle anderen wenden, die sich um einen jungen Menschen sorgen.
Die Fachkräfte arbeiten nach den fachlichen Prinzipien: Transparenz, aktive Beteiligung der jungen Menschen und der Erziehungsberechtigten, Kooperation, Vernetzung, Ressourcenorientierung und -aktivierung. Die Kommunikation muss immer wertschätzend und respektvoll sein.
Aufgabenfelder des RSD
Die wesentlichen Aufgabenfelder des RSD werden im Folgenden kurz beschrieben:
Beratung und Unterstützung (§ 10a SGB VIII)
Die Fachkräfte informieren und beraten Eltern, Kinder, Jugendliche und junge Volljährige rund um Fragen von Familie und Erziehung, auch im Kontext von Trennung und Scheidung und bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechtes. Alle jungen Menschen (die sich in Deutschland aufhalten) haben einen eigenständigen Anspruch auf Beratung.
Einleitung, Umsetzung und Begleitung/Hilfeplanung von individuellen Hilfen (§ 36 SGB VIII)
Die Fachkräfte des RSD vermitteln und begleiten individuelle Hilfen (wie z.B. eine Sozialpädagogische Familienhilfe oder eine stationäre Unterbringung) und sorgen dafür, dass Erziehungsberechtigte und junge Menschen ihre Rechtsansprüche auf Hilfe und Beteiligung einlösen können. Wesentliches Element ist hierbei der sozialpädagogische Prozess der Hilfeplanung.
Kinderschutz und/oder Hilfe in Familienkrisen (§ 8a SGB VIII)
Die Fachkräfte des RSD nehmen die Aufgabe des Kinderschutzes im 4-Augen-Prinzip wahr und sind dabei verpflichtet, allen Hinweisen auf Gefährdungssituationen von Kindern und Jugendlichen nachzugehen. Kinderschutz hat für die Fachkräfte des RSD immer Vorrang vor allen anderen Aufgaben. Dazu gibt es hier weitere Informationen.
Mitwirkung in Familiengerichtlichen Verfahren (§ 50 SGB VIII)
Die Fachkräfte des RSD wirken in Verfahren vor dem Familiengericht mit (zum Beispiel, wenn Sorgerechts- oder Umgangsfragen strittig sind). Sie nehmen dabei lösungsorientiert Stellung zu der Frage, welche Leistungen durch das Jugendamt bislang angeboten und (meist durch freie Träger der Jugendhilfe) erbracht wurden oder was den Interessen und dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen am meisten entspricht. Sie unterbreiten Vorschläge zur möglichen weiteren Vorgehensweise.
Sonstige Aufgaben des RSD
Die Fachkräfte des RSD haben die Aufgabe, eine Vielzahl von Stellungnahmen für andere Fachdienste abzugeben und nehmen an verschiedenen Fachgremien teil.
Weitere Informationen über die Aufgaben und Leistungen der Jugendämter finden Sie auf den Webseiten der jeweiligen Bezirksämter und unter https://www.unterstuetzung-die-ankommt.de/de/
Beratung/Unterstützung
- Klärung der örtlichen und
sachlichen Zuständigkeit - Erstberatung/Anamnese
- Hilfe zur Selbsthilfe
- Hilfe zur Problemlösung
- Vermittlung in andere Beratungsangebote
- Beratung über regionale und themenzentrierte Angebote
Rechtsgrundlagen
- §§ 1,2,5 SGB VIII (Allgemeine Grundsätze)
- § 8 SGB VIII (Beteiligung von Kindern + Jugendlichen)
- § 10a SGB VIII (Beratung)
- §§ 16 ff SGB VIII (Förderung der Erziehung in der Familie)
- insbesondere § 17 SGB VIII (Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung)
- § 18 SGB VIII (Beratung + Unterstützung bei der Ausübung der Personensorge und des Umgangsrechts)
Kooperation und Vernetzung / Beteiligungsformen (neben den Leistungsberechtigten und Leistungsadressaten)
- Freie/öffentliche Erziehungs- und Familienberatung
- Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen
- div. Beratungsangebote im Stadtteil
Einleitung, Umsetzung/Begleitung/Hilfeplanung von individuellen Hilfen
- Hilfe zur Erziehung
- Hilfe für junge Volljährige
- Eingliederungshilfe
- andere Leistungen (§§ 18-21 SGB VIII)
- Erfassen der Situation und des Veränderungswillens sowie der Ressourcen
- Kollegiale Beratungen
- Hilfeplanung
- Beteiligung freier Träger
- Evaluation
Ggf. weitere hilfespezifische Tätigkeiten
Rechtsgrundlagen
- §§ 13 ff SGB VIII (Jugendsozialarbeit)
- §§ 16 ff SGB VIII (Förderung der Erziehung in der Familie)
- § 19 SGB VIII (Gemeinsame Wohnform für Mütter/Väter und Kindern)
- §§ 27 ff SGB VIII (Hilfen zur Erziehung)
- § 41 SGB VIII (Hilfen für junge Volljährige)
- § 35a SGB VIII (Eingliederungshilfe)
Kooperation und Vernetzung / Beteiligungsformen (neben den Leistungsberechtigten und Leistungsadressaten)
- Freie Träger
- Erziehungs- und Familienberatung
- Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst
- Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
- Sozialpädiatrische Zentren
- Schulen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt
- Kitas
- Schulen/Ausbildungsstätten
- Ärzte
- Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtungen
- Jungendhilfe im Strafverfahren
Kinderschutz/Hilfe in Krisensituationen
- Inobhutnahme
- gesetzlicher Schutzauftrag
- Netzwerkarbeit
- Abklärung der Gefährdungssituation
- Sicherung des Kindeswohls
- Kooperationsbereitschaft und Fähigkeit der Eltern klären
- Risiko- und Prognoseeinschätzung
- Schutzkonzept
- Familiengerichtliche Maßnahmen vorbereiten
Sicherstellung der Erreichbarkeit des Jugendamtes
Rechtsgrundlagen
- § 8a SGB VIII (Schutzauftrag bei Kindeswohl-gefährdung)
- § 42 SGB VIII (Inobhutnahme bei Kindern und Jugendlichen)
- § 1666 BGB (Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls)
- §§ 1, 3 KKG (Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz)
- § 8b SGB VIII (Fachliche Beratung/Begleitung)
Kooperation und Vernetzung / Beteiligungsformen (neben den Leistungsberechtigten und Leistungsadressaten)
- Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst
- Kinder- und Jugendgesundheitsdienst
- freie Träger
- Polizei
- Gerichte
- Kitas/Schulen
- regionale insoweit erfahrene Fachkräfte und Kinderschutz-Teams
Mitwirkung in familiengerichtlichen Verfahren
- Verfahren in Kindschaftssachen
- Kontaktaufnahme mit den Beteiligten
- Erfassen der Familienkonstellation
- Nutzung vorhandener Ressourcen
- Vermittlung in andere Beratungsangebote
- Teilnahme an Gerichtsverhandlungen
Mündliche/schriftliche Stellungnahme im Verfahren
Rechtsgrundlagen
- § 50 SGB VIII in Verbindung mit Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
Kooperation und Vernetzung/Beteiligungsformen (neben den Leistungsberechtigten und Leistungsadressaten)
- Familiengerichte
- Verfahrensbeistände
- Vormundschaften
- Freie/öffentliche Erziehungs- und Familienberatung
- Rechtsanwält:innen
Sonstige Aufgaben
- Stellungnahme gegenüber Dritten
- Fallunspezifische Arbeit
- Feststellung des Integrationsbedarfs/Kita
- Stellungnahmen im Rahmen des Jugendarbeitsschutzgesetzes
- Bedarfsprüfung zur Kita/Hortbetreuung
- Beteiligung im Rahmen der Frühförderung und eines Förderbedarfs (u. a. Kita)
- Stellungnahmen zur Überleitung an andere Ämter (JobCenter, Sozialhilfe)
- Teilnahme an unterschiedlichen Fachrunden/Gremienarbeit
Rechtsgrundlagen
- Jugendarbeitsschutzgesetz
- Kindertagesstättenförderungsgesetz
- Ausführungsvorschriften zur Kooperation (Schule, Psychiatrie und andere)
Kooperation und Vernetzung/Beteiligungsformen (neben den Leistungsberechtigten und Leistungsadressaten)
- Jugendamtsinterne Gremien
- Bezirks- und Landesgremien
- Fach- und Fallberatungen
- Stadtteilgremien