Eingliederungshilfe
Eingliederungshilfe
für junge Menschen mit (drohender) seelischer Behinderung als Jugendhilfeleistung (§ 35a SGB VIII) – kompliziert ergänzt
Junge Menschen, die eine seelische Behinderung haben oder von einer solchen bedroht sind, haben gem. § 35a SGB VIII Anspruch auf Eingliederungshilfe durch das Jugendamt. Im Vergleich zu den Hilfen zur Erziehung (§§ 27 ff. SGB VIII) sind nicht die Personensorgeberechtigten leistungsberechtigt, sondern der betroffene junge Mensch selbst. Er kann ab dem vollendeten 15. Lebensjahr selbst einen Antrag stellen.
Für die Leistungsgewährung müssen folgende Voraussetzungen des zweigliedrigen Verfahrens vorliegen:
- Die seelische Gesundheit des jungen Menschen muss von dem für das Lebensalter typischen Zustand über mindestens sechs Monate hinweg abweichen. Dafür muss ein Gutachten eingeholt werden, dass eine anerkannte Krankheit nach ICD-11 enthält (§ 35a Abs. 1a SGB VIII). Dieses Gutachten kann durch den KJPD (Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst) des bezirklichen Gesundheitsamtes, Psychiater:innen, niedergelassene Psychotherapeut:innen oder Ärzt:innen mit einer spezifischen Qualifikation erstellt werden.
- Das Jugendamt prüft danach, ob aus dieser Diagnose eine Teilhabebeeinträchtigung folgt (§ 35a Abs. 1). Nicht in jedem Fall ist durch die Diagnose die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt. Dazu ist eine sozialpädagogische Beurteilung des Jugendamtes erforderlich, für welche die verfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 36 ff. SGB VIII (Mitwirkung, Hilfeplanung) gelten. In diese Beurteilung sollen die Erfahrungen der Beteiligten (z. B. der junge Mensch, Personensorgeberechtigte oder pädagogische Fachkräfte) einbezogen werden.
Liegt eine seelische Behinderung vor oder droht diese, kommen verschiedene – auch miteinander kombinierbare – Hilfen infrage. Der § 35a SGB VIII enthält keinen eigenen, abschließenden Leistungskatalog, sondern verweist auf das Recht der Eingliederungshilfe (SGB IX). Die gewährte Hilfe muss notwendig und geeignet sein, um die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe des jungen Menschen an der Gesellschaft bzw. einzelnen Teilbereichen (z. B. soziale Teilhabe oder Teilhabe an Bildung) bedarfsgerecht zu ermöglichen. Je nach Bedarf kann es sich dabei um ambulante, teilstationäre oder stationäre Hilfen handeln.
Stellt das Jugendamt im Rahmen der Beratung Anhaltspunkte fest, die auf einen Bedarf nach § 35 a SGB VIII hinwiesen, muss es in Absprache mit den Personensorgeberechtigten eine entsprechende Überprüfung veranlassen.